Objekt des Monats Oktober 2022 - Graphic Novel "Beate & Serge Klarsfeld: die Nazijäger"
Hält man die Meldekarte von Klaus Barbie, aus dem Bestand des Stadtarchivs Trier, in den Händen beschleicht einen ein mulmiges Gefühl. Klaus Barbie, später wegen seiner Bestialität während des NS-Regimes als „Schächter von Lyon“ bezeichnet, absolvierte in Trier seine Schuljahre. Der erste Eintrag auf seiner Meldekarte ist von Mai 1925, er war elf Jahre alt. Es bedurfte vieler Entscheidungen von ihm, um ein berüchtigter Verbrecher zu werden. Mehr als sechs Jahrzehnte nach diesem Eintrag fand in Lyon ein Prozess gegen Klaus Barbie statt. Seine Auslieferung nach Frankreich war Dank des unermüdlichen Einsatzes von Beate und Serge Klarsfeld möglich. Die Geschichte der Eheleute Klarsfeld und ihr Engagement bei der Aufklärung von NS-Verbrechen erzählt die Graphic Novel von Pascal Bresson und Sylvian Dorange. Das Werk „Beate & Serge Klarsfeld: die Nazijäger“ wird im Oktober als Objekt des Monats in der Wissenschaftlichen Bibliothek der Stadt Trier präsentiert.
Die Erzählung beginnt mit den Ereignissen am 07.11.1968 in Berlin. Während des CDU-Parteitages ohrfeigt die damals 29-jährige Beate Klarsfeld den deutschen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, um auf seine nationalsozialistische Vergangenheit hinzuweisen. Dieses mutige Verhalten ist für ihre Taten charakteristisch. Sie hat alles gegeben und viel riskiert, um die NS-Verbrechen ans Licht zu bringen. Dieses Anliegen, Jagd nach Gerechtigkeit, teilt sie mit ihrem Ehemann Serge Klarsfeld.
Auch den in Trier aufgewachsenen Klaus Barbie, welcher nach dem zweiten Weltkrieg in Bolivien unter falschen Namen wohnte, spürten die Eheleute Anfang der 1970er Jahre auf. Es dauerte mehr als zehn Jahre, bis sein Prozess 1987 begann. Jahre von Recherchen, öffentlichen Protestaktionen und Verhandlungen mit Politikern. Jahre von Beleidigungen und Einschüchterungen der Familie, eine anstrengende Zeit, die zu einem Urteil gegen Klaus Barbie führte. Er wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Ohne die Eheleute Klarsfeld wäre es höchstwahrscheinlich nie dazu gekommen.
Deswegen ist die illustrierte Doppelbiografie der Klarsfelds ein sehr verdientes Denkmal für das Ehepaar. Mit einer klaren Linie gezeichnete Protagonisten, voller Energie, Determination und Tatendrang dargestellt. Ergänzt wird es am Ende des Buches mit einem Fotoalbum. Diese Fotografie-Sammlung schafft eine Verbindung zwischen der historischen Vergangenheit und der in künstlerischen Sprache erzählten Graphic Novel.
Das literarische Denkmal an das Ehepaar Klarsfeld ist im Kontext der Erinnerungsarbeit in Trier von besonderer Bedeutung. Aktionen im Stadtraum wie ErinnerLicht, Grenzlos gedenken oder Rundgänge gegen das Vergessen sowie die Aufarbeitung der Tätergeschichte gehören zu wichtigen Bausteinen der Aufklärung von NS-Verbrechen. Es gibt noch viele Verbrecher, deren Schicksale nicht erforscht sind. Sie sind in der kollektiven Erinnerung gar nicht präsent, wie zum Beispiel der stellvertretende Leiter der Verwaltungs- und Wirtschaftsabteilung des Konzentrationslagers Majdanek, Anton Ternes. Es gibt eine Ähnlichkeit mit Klaus Barbie, sein Name ist in den Historikerkreisen im Ausland viel besser bekannt als in seinem Heimatland oder seiner Heimatstadt. Es gibt viele Meldekarten im Stadtarchiv, die unangenehme Fragen mit sich bringen.
Umso größer sind die Verdienste von Beate und Serge Klarsfeld. Sie haben sich mit diesen unangenehmen Forschungsfragen befasst. Sie haben dafür gesorgt, dass trotz der Schwächen des Justizapparates viele Verbrechen vor Gericht verhandelt wurden. Auch aus diesem Grund empfehlt die Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier die Graphic Novel „Beate & Serge Klarsfeld: die Nazijäger“ als Buch des Monats.
Beate Klarsfeld am 11. November in Trier
Die Veranstaltung mit Beate Klarsfeld in Trier am 11.11.2022 wurde abgesagt. Über die Gründe des Veranstalters können Sie hier mehr erfahren.