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Buch des Monats September 2020 - "Eichmann in Jerusalem : ein Bericht von der Banalität des Bösen" von Hannah Arendt

"Eichmann in Jerusalem : ein Bericht von der Banalität des Bösen" von Hannah Arendt
"Eichmann in Jerusalem : ein Bericht von der Banalität des Bösen" von Hannah Arendt

Der Prozess gegen Adolf Eichmann war ein gewaltiger Denkanstoß für die Philosophin und in der Konsequenz entstand eines der meistdiskutierten Bücher der 60er Jahre, das ursprünglich als eine Reihe von Presseberichten für „The New Yorker“ gedacht war.

Hannah Arendt stammte aus einer assimilierten jüdischen Familie. Geboren 1906 in Hannover, aufgewachsen in Königsberg, wurde sie bereits als Jugendliche durch die Werke des großen Königsberger Philosophen Immanuel Kant, besonders durch seine „Kritik der reinen Vernunft“, beeinflusst. Nach dem Abitur in Königsberg hat sie die Ausbildung in Magdeburg fortgesetzt, wo sie Philosophie bei Martin Heidegger studierte. 1928 hat sie in Heidelberg bei Karl Jaspers promoviert. Die Verfolgung der Juden hat sie zur Emigration gezwungen, zuerst nach Paris und 1941 nach New York, wo sie als Journalistin und Hochschullehrerin tätig war.

Arendt ist eine der bedeutendsten Philosophinnen des 20. Jahrhunderts gewesen, obwohl sie in dem bekannten Interview mit Günter Gaus gesagt hat: „Ich fürchte, ich muß erst einmal protestieren. Ich gehöre nicht in den Kreis der Philosophen. Mein Beruf – wenn man davon überhaupt noch sprechen kann – ist politische Theorie.“

Nach dem zweiten Weltkrieg hat sie sich mit dem Thema Nationalsozialismus auseinandergesetzt, wie ihr 1951 erschienenes Buch „The Origins of Totalitarianism“ zeigt. Die deutsche Fassung „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ wurde von ihr selbst bearbeitet und 1955 veröffentlicht.

Bekannt wurde Arendt durch ihre Berichte über den Eichmann-Prozess. Die Festnahme des ehemaligen deutschen SS-Obersturmbannführers Adolf Eichmann im Mai 1960 wurde eine der spektakulärsten Aktionen des israelischen Geheimdienstes Mossad. Der Prozess erregte weltweit Aufmerksamkeit. Arendt wohnte damals in New York. Sie war nach dem Krieg bei dem Hauptkriegsverbrecherprozess in Nürnberg nicht anwesend, diesmal wollte sie sich diese Chance nicht entgehen lassen und dem Massenmörder ins Gesicht schauen, um die Motive der NS-Verbrechen analysieren zu können. Nach der Veröffentlichung der fünf Essays 1961 in „The New Yorker“, die zwei Jahre später in Buchform „Eichmann in Jerusalem : a report on the banality of evil“ erschienen (deutsche Ausgabe 1964), begann eine breite Diskussion über den Holocaust, die große Resonanz hatte.

Der israelische Journalist und Schriftsteller Amos Elos meinte in seinem Essay „Hannah Arendts Exkommunizierung“, dass man das 20. Jahrhundert ohne Hannah Arendt und ihre Werke gar nicht verstehen könne. Nun hat das Deutsche Historische Museum in Berlin der Denkerin eine große Einzelausstellung mit dem Titel „Hannah Arendt und die 20. Jahrhundert“ gewidmet. Die Ausstellung dauert bis 18. Oktober 2020.

Um in die Gedankenwelt der Hannah Arendt einzutauchen, ist ein Besuch in der Wissenschaftlichen Bibliothek der Stadt Trier hilfreich. Das Buch des Monats Oktober „Eichmann in Jerusalem : ein Bericht von der Banalität des Bösen“ und eine Auswahl anderer Werken stehen im Lesesaal zur Verfügung. Obwohl Hannah Arendt vor 45 Jahren gestorben ist, haben viele ihrer Anmerkungen immer noch eine erschreckende Aktualität, wie der 1941 für das deutsch-jüdische Magazin „Aufbau“ geschriebene Ausspruch: „Vor Antisemitismus ist man nur noch auf dem Monde sicher“ beweist.