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Objekt des Monats Juli 2023 - Jüdisches Kochbuch

Herr Werner Schättgen freut sich über die Übergabe des wertvollen Kochbuches an die Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier (Foto: Anja Runkel)
Herr Werner Schättgen freut sich über die Übergabe des wertvollen Kochbuches an die Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier (Foto: Anja Runkel)

Der einzige jüdische Autor aus Trier, der im 19. Jahrhundert einen Bestseller geschrieben hat, war eine Frau: Bertha Gumprich. Seit dem Jubiläum „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ im Jahr 2021 versuchte die Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier vergeblich eine in Trier herausgegebene Ausgabe des Kochbuches zu erwerben. Das einzige damals auf dem antiquarischen Markt aufgetauchte Exemplar war die 1910 bei Nathan Kaufmann in Köln veröffentlichte sechste Auflage.

Vor wenigen Tagen wurde der Bibliothek die fünfte und letzte in Trier gedruckte Auflage von Herrn Werner Schättgen übergeben. Das Buch trägt Benutzungsspuren und enthält viele Zeitungsausschnitte mit jüdischen Rezepten und Kalenderblättern aus den Monaten April und Mai 1938. Es scheint, dass das Buch einer Familie gehörte, die erst 1938 aus Deutschland ausgewandert ist, möglicherweise aus Aach bei Trier. Aus diesem Ort stammte die Gastgeberfamilie, bei der die Tochter von Herrn Schättgen vor zwanzig Jahren als Au-Pair gearbeitet hat. Die junge Frau erhielt das Buch, um es zum ursprünglichen Entstehungsort zurück zu bringen. Das Buch war über zwei Dekaden im Familienbesitz bis Herr Schättgen Herrn Heinz Ganz-Ohlig von der Gesellschaft für Christlich-Jüdischen Zusammenarbeit kontaktierte, der sofort die Bedeutung des seltenen Kochbuchs erkannte. Er empfahl wiederum, die Rarität an die Wissenschaftliche Bibliothek zu übergeben.

Das in Trier erschienene Werk ist ein Zeichen für die Assimilation und Emanzipation der Juden in Trier. Bertha Gumprich hat ihre Kochkünste dazu verwendet, um das jüdische kulinarische Erbe sowie regionale Speisen bekannt zu machen. Allein der Titel des Kompendiums macht klar, dass es sich um ein ambitioniertes Werk handelt: „Vollständiges Praktisches Kochbuch für die jüdische Küche, selbstgeprüfte und bewährte Rezepte zur Bereitung aller Speisen, Getränke, Backwerke und alles Eingemachten für die gewöhnliche und feinere Küche“. Das Buch war seinerzeit als Geburtstagsgeschenk auch für die jungen Mädchen auch aus christlichen Familien sehr beliebt.

Die Autorin Bertha Gumprich hat nur bis zum 12. Lebensjahr die Schule besucht und erst mit 56 Jahren ihr Buch geschrieben. Die Gründe dafür erklärt sie selbst: „Es soll an dieser Stelle gewiss nicht geleugnet werden, dass die vorhandene, ziemlich reiche Kochbuch-Literatur viel Nützliches und Brauchbares enthält, an einem guten jüdischen Kochbuch ist aber entschieden Mangel. Die derartigen vorhandenen Kochbücher sind entweder nicht jüdisch oder nicht praktisch“. Sie brachte ihr Werk 1888 im Selbstverlag heraus. Die große Auflage von 1000 Exemplaren war in wenigen Jahren ausverkauft, ihre Kochkünste wurden offenbar hochgeschätzt. Das Kochbuch enthält fast 950 Rezepte. Um 1890 gab es in Trier zirka 100 jüdische Haushalte, vermutlich erwarben also auch viele nichtjüdische Köchinnen das Buch. „Das vor einigen Jahren herausgegebene Kochbuch für die jüdische Küche“ – schrieb die Autorin im Juli 1896 – „hat überall so freundliche Aufnahme gefunden, dass in wenigen Jahren rund tausend Exemplare der ersten Auflage ohne Hilfsmittel irgendwelcher Reklame abgesetzt wurden. Schon dieser Umstand beweist zu Genüge, dass die Herausgabe des Kochbuches einem wirklichen Bedürfnis entsprach. Auch in Fachkreisen wurde meine Arbeit rühmlich anerkannt“.

Die ersten fünf Auflagen des Kochbuchs aus den Jahren 1888, 1896, 1899 und 1900 wurden in Trier veröffentlicht. Nach dem Tod der Köchin im Jahr 1902 wurden weitere Ausgaben in Frankfurt am Main und in Köln gedruckt, die letzte 1924. Viele Exemplare des Buches gingen während der Zeit des Nationalsozialismus verloren, die erhaltenen Werke sind demnach äußerst selten. Umso größer ist unsere Freude, dass die fünfte Auflage des Kochbuches, erschienen im Verlag von Kaufmann & Co in Trier, nun den Bestand der Wissenschaftlichen Bibliothek der Stadt Trier bereichert.